Steigende Datenmengen und immer mehr KI-Anwendungen erhöhen die Anforderungen an Rechenzentren (RZ) sowie ihren Energiebedarf. Da der Gesetzgeber zugleich ab 2026 strenge Grenzwerte für die Energieeffizienz von RZ einführt, ist es umso wichtiger, sich frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ein nachhaltiger Betrieb vermeidet nicht nur mögliche rechtliche Konsequenzen, sondern reduziert langfristig die Kosten. Christian Keil, Sales Director Private Enterprise & Commercial Germany bei Hitachi Vantara, erklärt, welche Maßnahmen die Energieeffizienz tatsächlich verbessern und welche Entwicklungen beim Thema Nachhaltigkeit in naher Zukunft sonst noch zu erwarten sind.
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Christian Keil ist als Account Manager für Enterprise Kunden bei Hitachi tätig und forciert auf das Thema IT Transformation. Er berät in dieser Funktion IT-Verantwortliche und -Professionals. Schwerpunkte bilden dabei die Planung und der Aufbau neuer sowie die Optimierung und Konsolidierung bestehender IT-Landschaften, wobei Datensicherheit stets der Dreh- und Angelpunkt ist. Dabei beachtet er stets die Verzahnung von IT- und Geschäftsnutzen durch die optimale Integration von Cloud- und Onsite-Technologien in den Umgebungen. Durch seine langjährige Expertise in diesem Umfeld verhilft Christian Keil IT-Abteilungen zu mehr Effizienz und entlastet Budgets und Mitarbeiter.
Die Nachhaltigkeit von Rechenzentren beginnt bereits bei der Herstellung der Komponenten. Welche Verbesserungen können wir in diesem Bereich erwarten?
Als Hersteller sind wir bestrebt, die Produktions-, Lager- und Lieferprozesse energieeffizient zu gestalten und den Einsatz endlicher Ressourcen wie Gold weiterhin zu reduzieren. Kunden haben zudem das Recht, Komponenten an die Hersteller zurückzugeben, damit wir sie recyceln und wiederverwendbare Materialien extrahieren können. Unsere Recyclingquote bei Hitachi liegt bei über 98 Prozent. Aber es geht auch hier noch besser: Aufgrund der Datenschutzgrundverordnung müssen insbesondere Festplatten so behandelt werden, dass personenbezogene Daten nicht wiederhergestellt werden können. Dies führt leider oft dazu, dass sie geschreddert werden. Dabei ist es möglich, Daten sicher zu löschen oder unbrauchbar zu machen, ohne die Festplatte physisch zu zerstören. Eine Anpassung dieser Prozesse würde die Recyclingquote insgesamt noch einmal erhöhen.
Welche Entwicklungen sehen Sie derzeit, die sich auf den Energieverbrauch von Rechenzentren auswirken?
Natürlich werden die Datenmengen, die gespeichert und verarbeitet werden, weiterhin wachsen, und mit dem zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) steigt der Energiebedarf noch einmal beträchtlich. Eine umfassende KI-Lösung könnte schätzungsweise bis zu hundertmal mehr Rechenleistung und vierzigmal mehr Netzwerkkomponenten erfordern. Das treibt die Kosten eines RZ schnell in die Höhe. Auf der anderen Seite stehen immer effizientere Technologien zur Verfügung.
Server sind die größten Energieverbraucher, gefolgt von den Kühlsystemen. Eine energieeffiziente Kühlung ist deshalb für RZ-Betreiber eine naheliegende Maßnahme zur Energieeinsparung. Hier gibt es viele neue Ansätze: So nutzt man zum Beispiel spezielle Öle, welche die Wärme besser absorbieren als Luft. Dabei werden die elektronischen Komponenten in das Öl eingetaucht, das die Betriebswärme aufnimmt und über einen Wärmetauscher an ein Wasserkühlsystem abgibt. Die gekühlte Flüssigkeit wird zu den Wärmequellen zurückgeführt. Bisher gibt es jedoch keine Standardisierung für diese Technik, und das Handling ist recht aufwendig, insbesondere wenn Sie die Hardware warten, upgraden oder reparieren müssen. Das Öl muss dann erst abtropfen. Hinzu kommt, dass es vermutlich schwierig ist, solche pumpenbasierten Systeme redundant und ausfallsicher anzulegen.
Es gibt darüber hinaus verschiedene Ansätze mit indirekter oder direkter Wasserkühlung – dabei wird die heiße Luft gegen ein Kühlelement geströmt, das wiederum von Wasser durchströmt wird. Aber obwohl auch diese Ansätze generell vielversprechend sind, fehlen Standards. Ich gehe daher davon aus, dass die herkömmliche Luftkühlung vorerst die gängigste Methode bleiben und daher vor allem die Weiternutzung der Abwärme im Fokus stehen wird. Da gibt es noch reichlich Nutzungspotential, um zum Beispiel benachbarte Industrien oder Haushalte mit Wärme oder Warmwasser zu versorgen. In Skandinavien ist man da schon recht weit. Ein zusätzlicher Ansatz zur Steigerung der Energieeffizienz ist die softwareseitige Optimierung der Serverauslastung, beispielsweise durch verbesserte Datenbankabfragen oder Virtualisierungstechniken.
Ist es schwieriger, ein heterogen aufgebautes Rechenzentrum nachhaltig zu betreiben?
Absolut. Jeder Hersteller hat seine eigenen Vorgaben und Ansprüche an die Umgebung und je einheitlicher Ihr RZ bestückt ist, desto besser können Sie die Umgebung optimieren. Wenn Sie zum Beispiel die Möglichkeit haben, einen Storage-Raum von einem Server-Raum getrennt zu betreiben, ist das Energiesparpotential groß. Ein Storage-System kann höhere Temperaturen tolerieren als ein Server. In Servern sind CPUs verbaut, die strikte Vorgaben für die Betriebstemperatur haben, damit keine Beeinträchtigungen auftreten.
Unsere eigenen Storage-Systeme sind zum Beispiel sehr wärmetolerant. Die Geräte dürfen bei Temperaturen bis zu maximal 42 Grad betrieben werden. RZ-Betreiber sind damit nicht gezwungen, den Raum dauerhaft auf etwa 20 bis 25 Grad herunterzukühlen. Je nachdem, welchen Energieversorger die Betreiber wählen und welche Art von Strom sie einkaufen, können sie erhebliche Einsparungen erzielen. Wir haben einmal berechnet, dass durch eine entsprechende Erhöhung der Durchschnittstemperatur auf 100 Quadratmetern RZ-Fläche ein Einsparpotenzial von bis zu 100.000 € pro Jahr möglich ist.